Freitag, 31. Oktober 2008

Über die desinformierte Gesellschaft

An dieser Stelle möchte ich nicht selbst schreiben, sondern jemanden zu Wort kommen lassen, den ich nicht benennen möchte:

Über die desinformierte Gesellschaft

Ein Essay

Wer sich über die Alltagsmedien informiert, ist in dem Glauben ziemlich gut Bescheid zu wissen. Man setzt sich ein Bild aus vielen eindimensionalen Blickwinkeln zusammen und glaubt dabei: das reicht!

Speziell aber die Sicht auf die Arbeitswelt wird meistens von Personen dargestellt , die dem eigentlichen Arbeitsleben eher fern stehen. Sie verfügen über Zahlenmaterial, Statistiken, akademischen Abhandlungen, standen aber selbst vielleicht nur kurze Zeit in einem echten Arbeitsverhältnis. Existenzangst, Mobbing und ständiger Leistungsdruck sind ihnen im Grunde fremd. Sie können es aus erhöhter Position sicher und neutral beobachten.

So die Frage: brauchen wir heute noch Gewerkschaften? Vielleicht sollte man besser von „Arbeitnehmerorganisationen“ sprechen. Der Begriff „Gewerkschaften“ suggeriert: Malocherverein, Streikbrüder, Krawallproleten. Ein neuer Name würde die Gewerkschaften ideologisch nicht mehr belasten, sondern sich modern darstellen!

Die Betriebe als tarifrechtlich freie Räume! Ein Arbeitnehmer würde als Einzelkämpfer einem übermächtigen Arbeitgeber gegenüberstehen, der auch bei allem guten Willen willkürlich handeln kann.

Die von den Gewerkschaften bisher ausgehandelten Tarifsysteme wurden auch von den nicht organisierten Arbeitnehmern als selbstverständlich auch für sie rechtlich verbindlich angesehen. Dem ist nicht so; denn nur der organisierte Mitarbeiter hat einen Anspruch auf tarifliche Leistungen. In der Praxis wurde das System auf Grund des Arbeitsfriedens für alle angewendet. Die nicht organisierten Arbeitnehmer haben tarifrechtlich vereinbarte Leistungen als wohl regierungsamtlich, wie von oben gegeben, in Anspruch genommen. Dieser Eindruck hat den Gewerkschaften nur geschadet. Sie befinden sich in dem Dilemma, dass ihre Leistungen von Nichtmitgliedern wohl gern angenommen werden, aber sich solidarisch zu verhalten und Mitglied zu werden, dass ist schwer zu vermitteln. Außerdem haben die Gewerkschaften es versäumt ihre Rolle, in der Gesellschaft als zwingend darzustellen. Während es selbstverständlich ist, dass andere Interessengruppen wie Bauern, Beamte usw. sich öffentlich oft lautstark artikulieren, haben die Gewerkschaften seltsamerweise ein eher schwaches Image. Auseinandersetzungen mit der Öffentlichkeit, eventuell sogar Streiks, werden von der Bevölkerung missbilligend wahrgenommen.

Des Weiteren haben es die Gewerkschaften versäumt Mitgliederpflege zu betreiben. Das organisierte Mitglied in besonders schwach organisierten Bereichen hat kaum wahrgenommen, dass es für ihn lohnend ist, Beiträge zu zahlen. Für ihn schmälert sich sein Einkommen sogar noch durch den Mitgliederbeitrag. Außerdem halten viele Teile der Arbeitnehmerschaft, besonders die Angestellten, Gewerkschaften als nicht gesellschaftsfähig. Überdies werden Gewerkschaften gern als wirtschaftsfeindlich, insgesamt unflexibel und geradezu destruktiv und nicht auf der Höhe der Zeit, dargestellt. Die Regierungen sind natürlich daran interessiert, die Arbeitslosenzahlen auf eine scheinbare Vollbeschäftigung zurückzuführen, durch Statistikmanipulationen und anderen Tricksereien, die Arbeitslosen mathematisch verschwinden zu lassen, um dann in den Medien als erfolgreich dargestellt zu werden.

Vertragsfreie Beschäftigungsverhältnisse, die aber die gegeben Tarifstrukturen bisher berücksichtigten, werden vom Arbeitgeber in Verträge überführt, die der Betrieb vorgibt, Lohn, Urlaub, Sonderzahlungen.

Ziel einer arbeitgeberfreundlichen Regierung ist es die Beschäftigten durch Zwangsmaßnahmen, wie Reduzierung von Sozialleistungen, in den Betrieben durch Knebelverträge, Lohndrückereien, höhere eigene Sozialabgaben zu disziplinieren. Der Lohn wäre eine Angelegenheit zwischen Arbeitnehmer und seinem Chef. Der Betrieb gibt vor, was er zahlen kann und will, kein übergreifendes Tarifsystem hindert ihn daran. Angestrebt werden Betriebsräte, die gewerkschaftsunabhängig sein sollen. Diese scheinbare Unabhängigkeit hat natürlich zur Folge, dass die Betriebsräte total vom Arbeitgeber abhängig sind. (verlängerter Arm des Arbeitgebers!) Zwangsmitgliedschaften wie auch in den USA als Closed-Shop lassen sich hier nicht durchführen. Denn die von Chefredakteuren und Leitartiklern verbreitete Meinung die Bevölkerung warte schon lange auf die „Reformen“ und wären bereit auch unpopuläre Maßnahmen wie Sozialabbau endlich und gern mitzutragen, der soll sich vom von seiner höheren Warte herab begeben und sich an den „Stammtischen“ in Betriebskantinen, Familien mal umhören, da vernimmt er ganz anderes, Reformen: ja! wenn sie die Lebenssituation verbessern. Leitungserhöhungen erwartet man nicht, aber rigoroser Abbau: nein danke!


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