Montag, 30. März 2009

Big Brother zu Besuch beim Jüngsten Gericht

Ich bin kein besonders religiöser Mensch, dennoch beschäftige ich mich gerne mit dem Thema „Glaube und Religion“. Die Bibel ist für mich auch kein rotes T(B)uch, sondern ein wichtiger Teil meiner Kultur, daher würde ich mich als Kulturchrist bezeichnen: Den Sonntag akzeptiere ich als freien Tag (wenn’s der Samstag wäre, wäre es auch in Ordnung, den Freitag würde ich auch freimachen…).

So wurde ich kürzlich auf einen Gedanken aufmerksam gemacht, der mich der Bibel näher bringen könnte, glaubte ich mehr daran.

In der Offenbarung an Johannes über das „Jüngste Gericht“ heißt es:


Die Bücher wurden geöffnet, in denen alle Taten aufgeschrieben sind. Dann wurde noch ein Buch aufgeschlagen: das Buch des Lebens. Den Toten wurde das Urteil gesprochen; es richtete sich nach ihren Taten, die in den Büchern aufgeschrieben waren. (Offb. 20, 12)


Was vielleicht für frühere Menschen unglaublich schien, ist für uns schon Realität. Sobald ich bei uns am Bahnhofsvorplatz stehe, werde ich von einer Kamera beobachtet, wenn ich in den Bahnhof hineingehe, werde ich von einer Kamera beobachtet, betrete ich den Zug, werde ich von einer Kamera beobachtet, betrete ich eine Bank, werde ich von einer Kamera beobachtet, betrete ich ein Kaufhaus, werde ich von einer Kamera beobachtet, gehe ich in ein Museum, werde ich von einer Kamera beobachtet…

Auch wenn nicht immer alles aufgezeichnet und archiviert wird, so wäre es doch möglich, so tritt das „Jüngste Gericht“ schon zu Lebzeiten ein. Für meine Verfehlungen, die ich beobachtet begangen habe, werde ich zu Rechenschaft gezogen.

Die Keule der „Sicherheit“ schränkt mich in meiner Freiheit ein. Ich fände es besser, wenn in Zügen Sicherheitspersonal durchlaufen würde, denn, so wie ich glaube, unbeobachtet in der Nase zu popeln, glaubt ein potenzieller Delinquent unbeobachtet ein Verbrechen zu begehen. Der Big Brother-Effekt setzt sein, man vergisst die Kamera, aber eine Person vergisst man nicht so schnell!! Somit gibt es keine Vorbeugung, sondern lediglich einen straffällig gewordenen Menschen, der vielleicht hätte verhindert werden können.

Montag, 23. März 2009

Digital Versatile Disc-thek

Die Zeiten der Videokassette sind fast endgültig vorbei. In keinem größeren Multimedialaden gibt es sie noch und auch online sind sie schwer zu bekommen. Die DVD hat ihren Platz eingenommen. Die Videotheken heißen allerdings immer noch „Videotheken“, obwohl es dort gar keine Videokassetten mehr gibt, sondern nur noch Digital Versatile Discs, sollte es demnach nicht DVD-thek heißen? Na ja abgesehen davon, dass das ziemlich komisch klingt, heißt „video“ ja auch auf Latein „ich sehe“, somit könnte man also zur Film-DVD auch weiterhin „Video“ sagen, macht man aber nicht, man schaut sich eine DVD an.

Interessant ist übrigens auch, dass man, wenn man im Film schneller voranschreiten will, man noch immer „spulen“ sagt, obwohl gar keine Spule mehr vorhanden ist: Keine Kassette - keine Spule. Wir erleben hier also gerade einen Bedeutungswandel, wobei die alte Bedeutung verloren geht, wie beim Wort „Bleistift“, der Stift war früher wirklich aus Blei.

Samstag, 21. März 2009

Zum Welttag der Poesie

Heute am 21. März ist der Welttag der Poesie.

Als Literaturfreundin habe ich mal zwei Gedichte herausgesucht, ein nachdenkliches und ein lustiges:

Traumwald
Heut nacht durchschritt ich einen Wald im Traum
Er war voll Grauen Nach dem Alphabet
Mit leeren Augen die kein Blick versteht
Standen die Tiere zwischen Baum und Baum
Vom Frost in Stein gehaun Aus dem Spalier
Der Fichten mir entgegen durch den Schnee
Trat klirrend träum ich seh ich was ich seh
Ein Kind in Rüstung Harnisch und Visier
Im Arm die Lanze Deren Spitze blinkt
Im Fichtendunkel das die Sonne trinkt
Die letzte Tagesspur ein goldner Strich
Hinter dem Traumwald der zum Sterben winkt
Und in dem Lidschlag zwischen Stoß und Stich
Sah mein Gesicht mich an: Das Kind war ich.


(Heiner Müller)

Lesbische schwarze Behinderte

An allem sind die Männer schuld, Machos, meistens Weiße
Sie sind voll verantwortlich für die ganze Scheiße
Sie regieren diese Welt, sie haben zuviel Macht
Sie haben unseren Planeten auf den Hund gebracht
Gibts es größere Schurken? Die Antwort lautet 'Nein'
Doch auch lesbische, schwarze Behinderte können ätzend sein.

Ich traf eine bei 'Obi', sie fuhr in ihrem Rollstuhl
Drängelt sich an der Kasse vor und zahlt dann auch noch voll cool
Mit einem Tausendmarkschein, sie hatte nur zehn Schrauben
Das würde sich doch ein normaler Deutscher nicht erlauben
Da schimpfte die Kassiererin und alle stimmten ein
Auch lesbische, schwarze Behinderte können ätzend sein.

Und draußen auf dem Parkplatz, da fuhr sie mich fast um
Sie sagte nicht 'Entschuldigung'. Sie brüllte: "Bist Du dumm!"
'Ich bremse auch für Männer' stand groß auf ihrer Brust
Da hab ich so spontan kein gutes Wort gewußt
Ich hätte 'Fick dich!' rufen sollen, das fiel mir zu spät ein
Auch lesbische, schwarze Behinderte können ätzend sein.

Natürlich bin ich kein Rassist, ich hab vorm Kopf kein Brett
Die meisten lesbischen, schwarzen Behinderten sind alle furchtbar nett
Man sieht sie viel zu selten, in keiner Fernsehshow
Nicht mal in der 'Lindenstraße', ich weiß nicht wieso
Geht dieses Lied noch weiter, die Antwort lautet 'Nein'
Doch auch lesbische, schwarze Behinderte können ätzend sein.

(Funny van Dannen)

Montag, 16. März 2009

Gelernt ist gelernt

Zur Zeit werden die Temperaturen ja wieder etwas wärmer, der meteorologische Frühling hat schon Einzug gehalten auch wenn der kalendarische etwas hinterher hinkt. Vielleicht liegt es daran, dass er eben noch hinkt. Möglicherweise liegt es auch daran, dass die GeFÜHLE im Frühling besonders betont werden.
Nunja, eine Bäckerei, die mit dem Claim wirbt: "Gelernt ist gelernt", wirbt für zwei saftige und fruchtige Fühlingsgrüße:


Dienstag, 3. März 2009

Mein Unwort des Monats

Mein neues Unwort zurzeit lautet. „systemisch“.
Googlet man es, gelangt man zuerst zu Wikipedia und die dortige Begriffserklärung, aus dem medizinischen Bereich oder aus der Systemtheorie. Als bloßes Adjektiv ist es dort nicht zu finden. Mein DUDEN verzeichnet „systemisch“ auch nur als biologischen bzw. medizinischen Begriff.
Im Moment schmeißen allerdings Politiker, Wissenschaftler und Journalisten wie wild mit diesem Begriff herum. Alles ist systemisch, vielleicht ist es so ein tolles Wort wie Diskurs, das kann man auch immer wieder anwenden, ohne genau zu wissen, was es bedeutet.
Also lasst uns mal systemisch darüber nachdenken, mal sehen wohin uns das führt.